Installation im Schaukasten, Brunnenmarkt, Wien 16

EPIPHANIE

[zu griech. epipháneia „Erscheinung“], in der Antike Bez. für das plötzl. Sichtbarwerden einer Gottheit. Im Herrscherkult ist E. das Erscheinen des als Gott verehrten Herrschers. Für den christl. Glauben ist E. das Erscheinen Gottes in der Welt in Christus.... Aus Meyers Taschen-Lexikon, 1983

Durch die gezielt eingesetzte Verwendung von einfachen Mitteln wie Neonlicht und Trockeneis wird der Innenraum des Marktstandes in eine andere Sphäre enthoben; er verweist in seiner Erscheinung auf spirituelle, immaterielle Inhalte, die sich ansonsten in einem profanen Umfeld wie dem Brunnemarkt (mit seinen Verunreinigungen, Abfällen und den dortigen lebenspraktischen Handlungen) nicht finden würden. Der Marktplatz als Ort der Gotteserscheinung, nicht die Kirche.

Technische Ausführung:

Wird der Schaukasten-Tagesbetrieb eingestellt, wird von der Decke ein Neon-Schriftzug in Orange-Rot abgehängt. In einfacher Schulschrift stehen die Worte: „ich bin da“. Diese Worte erlauben den BetrachterInnen sowohl Identifikation mit der Aussage, als auch die Möglichkeit, an die Äußerungen einer anderen Person zu denken. Die Irritation durch diese Mehrdeutigkeit ist beabsichtigt - es soll im Betrachter ein vertraut/fremdes emotionales Moment hervorgerufen werden: Du bist da - ich bin da.

Die Lichtinstallation wird von den Vorbeigehenden per Bewegungsmelder in Gang gesetzt. Dazu wird eine Nebelmaschine installiert. Dieser Nebel verleiht dem gesamten Ensemble eine unwirkliche, schwebende Erscheinung. Das Neonlicht wird diesen Nebel be- und durchleuchten, wie auf einem Nachthimmel.

Bei Moses war es ein Dornbusch. Hier ist es ein Marktstand. Und haben sich auch die Mittel geändert, bleibt doch der Inhalt der selbe. Epiphanie.

Im folgenden Jahr wurde diese Installation im Kardinal König Haus (Bildungshaus der Jesuiten und der Caritas) gezeigt. Den Text der Eröffnungsansprache hier:

Es ist mir eine große Ehre, heute diese Aufhängung hier im Kardinal König Haus eröffnen zu dürfen! Ich möchte vorab allen danken, ohne die dieses Unterfangen nicht möglich gewesen wäre: Hr. Pater Gustav Schörghofer, Hr. Pater Gernot Wisser, Herrn Georg Nuhsbaumer und den beiden Technikern Jakob Heinz und Franz Grundnik.

Wie manche von Ihnen wissen, ist die hier präsentierte Arbeit "ich bin da", oder Epiphanie, schon einmal zum Einsatz gekommen, und zwar am Brunnenmarkt in Wien Ottakring. Dort war der Ort der Gotteserscheinung, ein schlichter Marktstand, der außerhalb der Öffnungszeiten quasi "erleuchtet" wurde. Hatten wir dort also ein dezidiert profanes Umfeld, einen Marktplatz, so nähert sich hier die Arbeit mehr ihrem spirituellen Ursprung.

Wie sie wissen, ist auch Moses von seiner Gotteserscheinung an einem unüblichen Platz, in der Wüste, überrascht und auch überwältigt worden, nicht in einem Tempel, einer Kirche oder vor einer Abbildung Jahwehs. Gott erwischte ihn beim Schafhüten am Fuß des Berges Horeb, und Mose muß nicht schlecht gestaunt haben, als er da von einer Flamme in einem Dornbusch die Befehle seines Gebieters entgegennehmen mußte.

Und wo werden wir hier überrascht, wenn wir uns dem Eingang nähern? Wir befinden uns im Übergang, in mehrfacher Hinsicht: Erstens: Körperlich sind wir auf dem Weg, entweder in das Bildungshaus hinein oder aus dem Haus heraus. Unsere Bewegung, unser physisches Sein zwischen A und B, gibt einem Bewegungsmelder einen Impuls, der den Strom zum Licht freigibt.

Zweitens: Auch geistig sind wir auf dem Weg. Sind entweder in Gedanken schon mitten in der zu besuchenden Veranstaltung oder denken an unseren Nachhauseweg oder die Lieben daheim. Nun ist das Leben eine Pilgerschaft, vita est peregrinatio, aber eine Wallfahrt ohne Rückbesinnung auf unser innerstes Ziel, ohne geistige Ausrichtung, verkommt zur zerstreuten Holiday-Wanderung. So erreicht uns das von unserer Bewegung ausgelöste Licht genau dort, im Übergang, und konfrontiert uns mit einem Akt schlichter Präsenz, der auch die Frage auslösen möchte: ja, bin ich denn wirklich da?! Wie ein Kreuz am Wegesrand den Passanten zum Gebet oder Gedenken einlädt, so lädt hier das Licht zum kurzen inneren Verweilen, zum bewußten Sein.

Drittens befindet sich das Licht selbst mitten im Übergang: in der Brücke vom Haus Gottes in die profanere Welt des Bildungshauses. Und sie sehen: dadurch, daß ich den Schriftzug leicht aus der Mitte hin zum Haus verschoben habe, wird recht deutlich, daß sich das Licht Gottes, des Einen, da aus seinem geschützten Bereich der Anbetung in die Welt hinaus bewegt und dort tätig werden möchte: In die unzähligen Seminare, die im K.K. Haus stattfinden, in die Köpfe und Herzen der mehr als 20.000 Menschen, die dieses Haus pro Jahr betreten und sicher auch in den Geist der Personen, die sich hier zum "Wahrheit tun" im Sinne Kardinal Königs zusammengeschlossen haben. Denn: "Der Wahlspruch K. Königs war nicht: der Wahrheit verpflichtet zu sein, auch nicht: sich von Liebe geleitet, an die Wahrheit zu halten, sondern sie in Liebe zu tun."

Ich hoffe in diesem Sinn, daß diese künstlerische Intervention dem Haus und seinen BenutzerInnen dabei hilft, dem Menschen zu dienen. Dem inneren als auch dem äußeren.

Damit unsere Gegenwärtigkeit zur Freude und zum Ruhm dessen gereicht, der uns - auch gerade in diesem einen Moment JETZT - da sein läßt und uns seiner unablässigen Gegenwart versichert:

„ich bin da“.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!