Goldgrundphotos

Eine moderne Neuinterpretation des mittelalterlichen Themas Goldgrundmalerei. Zur Anwendung gelangen Aufnahmen, die Licht abbilden, das die Fotoemulsion überstrahlt und daher am Photopapier weiß in Erscheinung tritt. Der Moment, wo keine Farben mehr zu sehen sind, nur mehr die reine Transparenz, das Weiß, in diesem Druckverfahren: der Goldglanz.

Ähnlich wie bei den Goldprägungen ist auch bei diesen Arbeiten der Winkel der Betrachtung entscheidend: im richtigen Licht gesehen, strahlen die Hintergründe auf, öffnen den Raum und entführen das Bild in eine andere, immaterielle Ebene.

Der Schweizer Kulturphilosoph Jean Gebser sieht die Malerei des Goldgrundes als Ausdruck einer allgemeinen bewusstseinsgeschichtlichen und religiösen Befindlichkeit, welche vor dem Erlebnis der perspektivischen Räumlichkeit liegt:

Bis zu Giotto war die Malerei unperspektivisch: sie kannte keinen Raum, das Symbolhafte herrschte vor, und die Welt war eingebettet in den Goldgrund: der Mensch seiner Zeit war noch in die Welt eingeschlossen, er war in der Welt. Mit Giotto einsetzend und dann seit Leonardo da Vinci war das Hauptcharakteristikum der Malerei durch alle Stile hindurch, daß sie perspektivisch war: Sie stellte den Raum dar, sie war dadurch gegenständlich: Der Mensch jener Jahrhunderte stand als Ich der objektiven Welt gegenüber.

– Jean Gebser: Die Welt ohne Gegenüber, in Die Welt in neuer Sicht; München 1959, Bd. II